Wie im Beitrag Psychotricks der Werbepsychologie angekündigt, widme ich mich im Laufe der nächsten Wochen gemeinsam mit meinem Team der Thematik. Wir betrachten dabei Auswirkungen und Möglichkeiten, die die Neurowissenschaft in Bezug auf die Werbepsychologie mit sich bringt.
Das Baader-Meinhof-Phänomen hat – Gott sei Dank – nicht viel mit den Taten der RAF zu tun. Zwar sind sowohl Andreas Baader und Ulrike Meinhof Namensgeber des Phänomens, trotz allem haben Sie inhaltlich nichts mit dem Phänomen zu tun. Was es mit dem Baader-Meinhof-Phänomen stattdessen auf sich hat und wie Sie es für Ihr Unternehmen nutzen können, erfahren Sie in diesem Beitrag!
Das Baader-Meinhof-Phänomen – Kognitive Verzerrungen
Beim Baader-Meinhof-Phänomen handelt es sich um eine kognitive Verzerrung, die erstmals vor etwa 20 Jahren gehör fand. Beim Phänomen geht es kurzum darum, dass der subjektive Eindruck entsteht, dass ein Thema, das erst jetzt sehr relevant scheint, plötzlich überall auftaucht. Das ist Ihnen mit Sicherheit auch schon passiert!
Falls Ihnen gerade kein Beispiel einfällt, hätte ich eines für Sie:
Ich habe eine Leidenschaft für Handarbeit. Vor einer Weile habe ich angefangen, Motive und Sprüche auf Kleidung zu sticken. Natürlich dachte ich, dass mein neues Hobby eher unbekannt und vielleicht sogar „altmodisch“ ist. Es dauerte nicht lange, da war ich umgeben von Personen, die der Tätigkeit zum Teil sogar professionell nachgingen, wurde überhäuft von Inspirationen und fand heraus, dass sogar in meinem engeren Freundeskreis einige das Sticken teils schon seit Jahren betreiben. Das Thema tauchte an jeder Ecke auf und schien mich gar zu überrennen.
Ein weiteres Beispiel könnte sein, dass Sie sich ein neues Auto, Smartphone, oder was auch immer, kaufen möchten. Da es sich für Sie um eine Investition handelt, informieren Sie sich natürlich sehr gut und genau über das gute Stück. Und tadaa – wie aus Zauberhand erscheint das besagte Modell plötzlich immer wieder im Alltag! Die Werbung im TV, Radiowerbung oder Bannerwerbung macht Sie auf das Produkt aufmerksam. Sogar Ihre Freunde sprechen darüber. Wie kann das sein? Plötzlich scheint sich alles und jede*r für das Produkt zu interessieren.
Phänomen oder Mysterium?
Zugegeben – das Phänomen hat mich selbst schon zig Mal vom Hocker gehauen. Die aufeinander folgenden Ereignisse haben einen merkwürdigen, fast schon mystischen Beigeschmack. Natürlich handelt es sich hierbei tatsächlich um Dinge, die eher ungewöhnlich und nicht alltäglich sind. Dass Charthits, oder politische Krisen nicht zum Phänomen gezählt werden, liegt an der alltäglichen Häufung der Themen.
Was manche Menschen mit Sicherheit als Spielerei des Schicksals oder Zufall betiteln würden, ist tatsächlich eine Veränderung bzw. Verzerrung der kognitiven Wahrnehmung. Unser Gehirn filtert bis zu 90% der auf uns einprasselnden Eindrücke aus. Nur eine kleine, für uns interessant scheinende Anzahl von Informationen dringen tatsächlich zu uns durch. Findet nun ein neues Thema den Weg zu unserem Interesse, so wird der Filter für dieses Thema abgestellt.
Andreas Baader und Ulrike Meinhof
Wie kam es jedoch zum speziellen Namen des Phänomens? Die Erklärung ist simpel und doch eindrucksvoll. Ein Mann namens Terry Mullen soll vor etwa 20 Jahren das Phänomen als „Baader-Meinhof-Phänomen“ als solches betitelt haben. Der Redakteur einer Tageszeitung aus Minnesota schrieb, dass ihn die berüchtigten Terroristen schier gar „verfolgt“ haben. Wo auch immer er unterwegs war, wurde von den beiden berichtet.
Beim Baader-Meinhof-Phänomen handelt es sich also kurzum um eine kognitive Verzerrung, die ein vermehrtes Auftreten eines Themas oder Gegenstandes – oder aber einem Terroristenpaar – suggeriert.
Das Superhirn & die Frequency Illusion
Wie kann das Baader-Meinhof-Phänomen erklärt werden? Klar ist, dass unser Gehirn die Fähigkeit hat, verschiedene Muster fast perfekt zu erkennen. In tausenden von Angeboten wählt es selektiv aus, welche Informationen von uns schlussendlich wahrgenommen werden sollen. In der Regel fällt uns diese Selektion nicht auf. Beim Baader-Meinhof-Phänomen lenkt unser Gehirn jedoch seine Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Phänomen, wodurch uns die permanente Präsenz des Themas bewusst wird. Auf einmal konfrontieren uns die unterschiedlichsten Quellen damit.
Ein weiterer, vor allem im englisch sprachigen Raum, bekannter Begriff für das Phänomen ist die sogenannte Frequency Illusion – zu Deutsch: Frequenzillusion. Dieser Begriff beschreibt, dass es beim Baader-Meinhof-Phänomen um die Frequenz geht, in der Informationen zu einem bestimmten Thema auf uns einregnen.
Der kognitiven Verzerrung auf der Spur
Ich möchte der kognitiven Verzerrung weiter auf den Grund gehen. Bei meiner Recherche bin ich auf einen Beitrag gestoßen, der sich etwas genauer mit der Verzerrung beschäftigt. Die Wirkung des Phänomens hängt schließlich von einigen psychologischen Prozessen ab, die ich im Folgenden genauer beleuchten werde.
Die selektive Aufmerksamkeit
Vor allem in der heutigen Zeit ist die selektive Aufmerksamkeit für uns Menschen unabdingbar und schon fast überlebensnotwendig. Den ganzen Tag werden wir mit Informationen bombardiert, die unser Gehirn für uns filtert. Wann jedoch, setzt der Filter aus? Wann entscheidet unser Gehirn, Informationen durchzulassen? Hier kommt es auf Wiederholung an, auf die Frequenz der Informationen, die auf uns einströmt. Werden wir vermehrt einem Reiz ausgesetzt, so hält unser Gehirn die Information für notwendig. Der Reiz wird uns durch den Prozess der selektiven Aufmerksamkeit zum ersten Mal bewusst. Ob wir mit einer anderen Person darüber sprechen, oder uns selbst informieren – sobald wir aktiv anfangen, über ein Thema oder einen Gegenstand, eine Person nachzudenken, wird die Information als potenziell relevant eingestuft. Dieser Prozess ist Ihnen möglicherweise unter dem Namen Priming bekannt. Da unser Gehirn nun der Meinung ist, dass die Information relevant ist, filtert sie diese nicht mehr heraus.
Confirmation Bias
Ein weiterer Prozess, der am Phänomen teilhat, ist der Confirmation Bias. Hier geht es darum, dass unsere persönliche Haltung zu etwas oder jemandem bestätigt wird (eng.: to be confirmed). Diese Funktion scheint mir persönlich sehr tückisch und menschlich: Unsere Haltung, unser Urteil und möglicherweise auch Vorurteil sorgt dafür, dass wir Informationen (unbewusst) so filtern, dass diese so von uns gewählt oder interpretiert werden, dass unsere Einstellung bestätigt wird. Haben wir also beispielsweise das Gefühl, dass wir oft mit etwas konfrontiert werden, oder eben öfter, als sonst, so täuschen wir uns möglicherweise selbst. Denn in der Regel kommt das Thema nicht häufiger als sonst in unserem Umfeld vor, wir haben jedoch die Erwartung daran und diese wird durch das Phänomen erfüllt und bestätigt.
Social Proof
Meine Kollegin Katharina hat in ihrem Beitrag das Phänomen des Social Proof ausführlich erklärt. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, empfehle ich Ihnen, den Blogbeitrag aufmerksam zu lesen. Beim Social Proof geht es um die Rolle der sozialen Bestätigung. Vor allem in Bezug auf das Baader-Meinhof-Phänomen ist Social Proof ein wichtiger Indikator: Je mehr Menschen von einem Thema sprechen, je größer beispielsweise die Nachfrage eines Produktes ist, desto eher wirkt sich die allgemeine Meinung auf uns und auf unsere Betrachtung des Themas oder Produkts aus. Aus diesem Grund spielen in der heutigen Zeit auch Bewertungen, Kommentare und Likes eine große Rolle. Mehr zum Thema finden Sie hier.
Mere Exposure Effekt
Beim Mere Exposure Effekt, also dem Effekt der Darbietungshäufigkeit, interpretiert unser Gehirn das vermehrte Auftreten einer Information als positiver. Das bedeutet, dass wir, je häufiger wir etwas wahrnehmen, die vorerst neutrale Bewertung immer positiver werden kann. Produkte und Dienstleistungen, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie uns immer wieder über den Weg laufen, werden anscheinend automatisch positiver bewertet. Dieser Prozess läuft jedoch unterbewusst ab. Ich schätze, dass diese Wirkung in dem Moment nachlässt und vielleicht sogar ins Gegenteil umschwingt, in dem wir das Gefühl haben, schier verfolgt zu werden. Die Strategie des Mere Exposure Effekts kann tatsächlich zur Kundengewinnung beitragen, jedoch sollte sie nicht übertrieben werden. Vor allem beim Push-Marketing kann es schnell dazu kommen, dass Menschen diese Art des Marketings eher als aufdringlich empfinden.
Das Baader-Meinhof-Phänomen im Marketing
Es gibt nun verschiedene Wege, das Baader-Meinhof-Phänomen für Marketingzwecke zu nutzen. Wie im Punkt Mere Exposure Effekt beschrieben, sollte die Art und Weise der Nutzung jedoch gut durchdacht und umgesetzt werden. Ein zu aufdringliches Verhalten schreckt potenzielle Kunden eher ab und kostet Sie am Ende nur wertvolles Budget.
Unaufdringliche Konfrontation
Wenn Kunden auf Sie aufmerksam geworden sind, dann haben Sie schon den ersten Schritt gemacht. Doch oft sind Kunden nicht direkt beim ersten Kontakt überzeugt. Hier kann durch Retargeting-Strategien, wie verschiedene Werbeanzeigen, Überzeugungsarbeit geleistet werden. Aber Vorsicht: Hier wird gerne übertrieben! Je strategischer und „persönlicher“ Sie Anzeigen auf die Bedürfnisse Ihrer Kunden zuschneiden können, desto besser und effektiver die Werbeanzeige. Sie sind sich unsicher ob und wie sie beispielsweise Google Ads am effektivsten nutzen können? Wir beraten Sie gerne!
Außergewöhnliche Produktbezeichnungen
Bei diesem Punkt scheiden sich die Geister. Auch wenn außergewöhnliche Produkt- oder Dienstleistungsbezeichnungen durchaus dazu beitragen können, dass sich Kunden besser an Ihr Angebot erinnern, so können diese SEO-technisch einige Schwierigkeiten mit sich bringen. Denn: auch wenn Sie sich die dollsten und kreativsten Namen ausgedacht haben – werden Sie nicht dafür gefunden, so hat sich der Aufwand nicht gelohnt. Wir können Ihnen gerne dabei helfen, Ihre Produkte und Dienstleistungen clever anzubieten.
Nutzung von Cookies
Cookies? Ja, bitte! Sie haben richtig gelesen! Auch wenn die allgemeine Meinung zu Cookies vermutlich eher nicht so prickelnd ausfällt, so können Sie die Funktion jedoch sehr sinnvoll nutzen. Das besondere an Cookies ist ja, dass sie nicht nur den User schützen. Im besten Fall stimmt der User oder die Userin der Nutzung derer zu. So können Sie ganz einfach das Verhalten beobachten, analysieren und personalisierte Werbung auf diversen Kanälen schalten. Das Baader-Meinhof-Phänomen funktioniert also, indem ein potenzieller Kunde ein Produkt oder eine Dienstleistung betrachtet – ein Cookie wird gesetzt. Wechselt der mögliche Kunde nun auf einen anderen Kanal – beispielsweise Facebook – so kann hier Werbung zum betrachteten Produkt oder zur Dienstleistung ausgespielt werden und das Gehirn wird mehr oder weniger subtil daran erinnert. Das funktioniert jedoch nicht immer so perfekt, wie erhofft.
E-Mail Marketing
Auch E-Mail Marketing kann genutzt werden, um vom Baader-Meinhof-Phänomen Gebrauch zu machen. Je ausgewählter die Inhalte sind und je besser sie auf den Kunden oder die Kundin zugeschnitten wurden, desto besser! Vor allem E-Mails, die nicht nur rein werblich, sondern auch informativ und mit Mehrwert gestaltet werden, können dabei helfen, Kunden an sich zu binden und aus Usern Kunden zu machen. Wir helfen Ihnen gerne dabei, das E-Mail Marketing gezielt so zu gestalten, dass sich Ihre Kunden nicht belästigt, sondern inspiriert fühlen.
Werden Sie das Wissen um das Baader-Meinhof-Phänomen Nutzen?
Wir ermutigen Sie, das Wissen um das Baader-Meinhof-Phänomen einzusetzen und durch unsere Tipps möglicherweise neue Wunschkunden zu gewinnen. Dennoch ist uns wichtig an dieser Stelle zu betonen, dass nur jene genutzten Effekte Ziele erreichen, die für Ihr Unternehmen sinnvoll sind. Gerne begleiten wir Sie auf der Reise! Haben Sie Fragen zum Baader-Meinhof-Phänomen, zu einem anderen Thema, oder zu unseren Angeboten? Dann freuen wir uns über Ihre Nachricht.
Bis zum nächsten Beitrag!
Ihre Wanda Hirsch
Inspirationsquellen:
- Adrian ter Braak – Das Baader-Meinhof-Phänomen wird dich noch die ganze Woche verfolgen
- Datenwerk (Autor*in unbekannt) – Das Baader-Meinhof-Phänomen und wie du es für dein Business nutzt