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    Was ist der Carpenter Effekt?

    Es bringt nichts, der Kundschaft was vorzumachen? Falsch – sagt der Carpenter Effekt, der zu den ideomotorischen Effekten zählt. Im Klartext: Beim Carpenter Effekt geht es nicht um Täuschungsversuche, sondern um das Visualisieren der Handlungen, die man sich von der Kundschaft wünscht.

    Konkret besagt der Carpenter Effekt, dass Menschen mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Handlung ausführen, wenn sie diese vorgemacht sehen oder zumindest an diese Handlung denken. Aber woher kommt der Carpenter Effekt überhaupt und welche Vorteile hat unser Gehirn von diesem Effekt?

    Carpenter Effekt: Weil Wahrsager:innen und Geister nerven

    Die ersten Ideen zum Carpenter Effekt entsprangen der Feder des englischen Physiologen und Forschers William Benjamin Carpenter, der 1852 in seinem Beitrag zum „ideomotorischen Effekt“ mit übernatürlichen Praktiken wie Gläserrücken oder Wahrsagen aufräumte.

    Vermutlich kennst du Filme, in denen eine Gruppe Leute Geister heraufbeschwören wollen. Egal, ob du es interessant oder absurd findest: William Carpenter ging die öffentliche Begeisterung für diese Dinge ganz offenbar gegen den Strich. Mit dem Carpenter Effekt focht er die „Beweise“ an, die dabei immer wieder angeführt wurden – „das Glas ist ja wirklich zum Buchstaben gerückt, mit dem der Name meiner verstorbenen Urgroßmutter beginnt!“.

    Dabei zeigte er, dass bestimmte Emotionen als auch die Bewegungen von anderen ein Auslöser für eigene, automatische Bewegungen sein können.

    Dieser „ideomotorische Effekt“, der mittlerweile Carpenter Effekt genannt wird, wurde später noch vom deutschen Arzt und Wissenschaftler Willy Hellpach im Rahmen des Ideo-Realgesetzes erweitert. Dabei zeigte Hellpach, dass nicht nur Handlungen, sondern beispielsweise auch Gefühle oder Stimmungen gespiegelt werden können.

    Das kann ja jedes Kind!

    Im Gegensatz zu anderen psychologischen Effekten, wie beispielsweise der Ankerheuristik, müssen wir beim Carpenter Effekt nicht weit in der Evolution zurückgehen, um seinen Nutzen zu verstehen. Denn bereits ein Blick auf Kinder zeigt: Egal, ob Sprechen, Gehen oder Alltagsgewohnheiten – wir lernen vor allem durch Nachahmung! Hast du selbst Kinder, Nichten oder kleine Geschwister? Dann hast du die Erfahrung wahrscheinlich selbst gemacht: Kinder tun nicht das, was wir vorschreiben, sondern in der Regel das, was wir vorleben.

    Carpenter Effekt im Marketing: 5 Tipps

    Der ideomotorische Carpenter Effekt hilft dir dabei, Kaufblockaden zu überwinden und die Hemmschwellen deiner Kundschaft herunterzufahren.

    Wichtig: Der Carpenter Effekt entfaltet seine Wirkung im Online-Marketing durch Suggestion, nicht durch direkte Kaufaufrufe! Zwar gehören CTA-Buttons und die Auflistung von Alleinstellungsmerkmalen unbedingt auf deine Webseite, doch der Carpenter Effekt leistet viel mehr:

    Bei ideomotorischen Gesetzen wie dem Carpenter Effekt wird Nutzer:innen die Kaufintention bereits zu Beginn unterstellt – und die Umsetzung dieser Intention durch den Kaufklick wahrscheinlicher gemacht, indem psychologische Kaufblockaden aus dem Weg geräumt werden.

    Hier sind 5 Tipps, um die Kundschaft wortwörtlich zu Handlungen zu „bewegen“.

    Tipp 1: Zeige deiner Kundschaft einen glücklichen Kontext für die Kaufhandlung!

    Du führst ein Handwerksunternehmen? Drehe Videos, in denen ein lächelndes Paar einen gutgelaunten Dachdecker bezahlt – natürlich mit einem wunderschönen und nagelneuen Dach im Hintergrund. Jeder kennt diese Commercials aus dem Internet oder Fernsehen. Indem wir uns in angenehme Situationen herein versetzen und somit das direkte Ergebnis unserer Handlung fühlen und sehen, steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Kontaktanfrage.

    Tipp 2: Vermittle, wie einfach etwas geht

    Das Ausfüllen von Formularen ist meist kein besonders verlockender oder aktivierender Gedanke – und kann negative Emotionen triggern. Ganz nach dem Motto: „Wenn ich Bürokram will, gehe ich gleich aufs Amt.“ Um diese Hemmschwelle zu senken, reicht es nicht, deine Anmelde- bzw. Kontaktformulare oder Buchungsprozesse einfach zu gestalten. Der Carpenter Effekt wird benötigt! Zeige deiner Kundschaft genau, WIE einfach der Prozess ist.

    Durch Screenshots oder kurze Videos, in dem sich jemand in 30 Sekunden durch das Formular klicken, drückst du die perfekten Action-Knöpfe. Nicht vergessen: Das bildliche Spiegeln der gewünschten Kundschafts-Handlung sollte auch den abschließenden Klick auf den Kauf- oder Absende-Button umfassen!

     

    Tipp 3: Kaufaufruf ist Königsdisziplin

    Wir bleiben beim Thema CTA – schließlich ist das Auslösen einer Handlung nirgendwo wichtiger als beim „Call to Action“.

    Jetzt geht es tatsächlich ums Wording und die Frage: Wie können wir den Text rund um den Kaufbutton so gestalten, dass wir Nutzer:innen zur Kaufhandlung „bewegen“? Ganz einfach: Indem wir richtig emotionalisieren! Nicht umsonst kommt das Wort „Emotion“ vom lateinischen Begriff „emovere“ („bewegen“). Um die Kundschaft zum Tätigen von Kaufklicks zu bewegen, genügt jedoch nicht irgendeine Art der Emotionalisierung. Wir wollen ganz gezielt die Hirnbereiche triggern, die für Bewegungen zuständig sind. Wie?

    Durch bildhafte Sprache

    Menschen können durch Metaphern und andere rhetorische Mittel Bilder malen, Welten erschaffen und, genau, Handlungen triggern. Vergleiche folgende Sätze:

    1: „Kontrollieren Sie Ihre Karriere – buchen Sie das Coaching“

    2: „Nehmen Sie Ihre Karriere in die Hand – buchen Sie das Coaching.“

    Ein kleiner, aber feiner Unterschied! Das Wording des zweiten Kaufaufrufs aktiviert mit seinem Wording eine tatsächliche Körperbewegung – und führt wahrscheinlich zu mehr Kaufklicks. Du bist nicht überzeugt? Verschiedene Studien haben bewiesen, dass allein schon die Erwähnung von Körperteilen entsprechende Hirnareale aktiviert!

    Durch Onomatopoetika

    Genau genommen ist Onomatopoetika bzw. Lautmalerei ein Teil der bildhaften Sprache. Sie ist jedoch ein so machtvolles Tool bei der Emotionalisierung, dass sie meiner Meinung nach eine eigene Erwähnung verdient. Kurzum: Nutze Lautmalerei, wo es möglich ist!

    Du kannst mit dem Begriff nichts anfangen? Hier zwei kurze Beispiele:

    Türen sollten nicht zuschlagen, sondern mit „Krawum“ ins Schloss fallen. Und das Brathähnchen sollte nicht in der Pfanne braten, sondern zischend brutzeln.

    Warum? Weil Wörter wie „zischend brutzeln“ und „Krawum“ unsere Sinne viel stärker um umfassender aktivieren. Und je mehr Areale in unserem Hirn aktiviert werden, desto aktiver sind wir auch bei Kaufhandlungen!

     

    Tipp 4: Die Zielgruppe vor Augen halten

    Am meisten Wirkung haben die „Vorbilder“ von Handlungen im Rahmen des Carpenter Effekts, wenn es sich dabei um Personas aus deiner Zielgruppe handelt.

    Für das Dachdecker:innen-Beispiel (siehe oben) bedeutet das: Besteht deine Zielgruppe aus Frauen im höheren Alter, sollte das Pärchen am besten durch eine Person mit den entsprechenden demografischen Merkmalen ersetzen. Alternativ eignen sich auch Personen mit Promi- oder Experten-Status für den Carpenter Effekt.

    Auch bei der Anwendung von bildhafter Sprache solltest du deine Zielgruppe berücksichtigen. Das klingt schwer, ist es aber eigentlich nicht. Denn Redewendungen mit Körperteilen und Bewegungen gibt es zur Genüge. Wähle einfach das sprachliche Bild, dass deine Zielgruppe am besten anspricht.

    Ein Beispiel:

    Rentner:innen würden sich durch Ausdrücke wie „Krempeln Sie die Ärmel hoch“ eventuell nicht so gut angesprochen fühlen wie durch Phrasen wie: „Nehmen Sie sich ein Herz“.

     

    Tipp 5: Interaktion ist auch Aktion!

    Um den Carpenter Effekt auf die Spitze zu treiben, kannst du zusätzlich zu automatisch abgespielten Videos auch interaktive Elemente auf deiner Webseite einbauen. Wenn Nutzer:innen beispielsweise merken, dass ein Element größer wird oder die Farbe verändert, wenn mit der Maus darübergefahren wird, hat man gleich ein bisschen mehr Spaß auf der Webseite. Und es ist mehr als nur eine Spielerei! Interaktive Elemente führen dazu, dass Nutzer:innen nicht nur Informationen auf sich einrieseln lassen, sondern bereits eine Handlung ausführen.

    Zusammenfassung

    Der Carpenter-Effekt ist ein ideomotorischer Effekt, der besagt, dass Menschen eher dazu neigen, eine Handlung auszuführen, wenn sie diese vorgeführt bekommen oder daran denken. Es geht nicht um Täuschung, sondern um das Visualisieren gewünschter Handlungen.

    Der Effekt wurde erstmals 1852 von William Benjamin Carpenter beschrieben, der damit übernatürliche Praktiken wie Wahrsagen entlarvte. Er zeigte, dass Emotionen und Bewegungen anderer unsere eigenen Bewegungen auslösen können.

    Im Marketing kann der Carpenter-Effekt genutzt werden, um Kaufblockaden zu überwinden. Hier sind 5 Tipps:

    • Zeige positive Kontexte für die Kaufhandlung, z.B. durch glückliche Szenarien in Werbevideos.
    • Vermittle, wie einfach die Handlung ist, z.B. durch Demonstrationen von Formularausfüllungen.
    • Nutze emotionales Wording für den Kaufaufruf, das Körperbewegungen auslöst.
    • Stelle die Zielgruppe als Vorbilder für die Handlung dar, um die Wirkung zu verstärken.
    • Integriere interaktive Elemente auf der Webseite, um Nutzer zur Handlung zu motivieren.